Ferdinand Hodler 1853–1918
Ferdinand Hodler hat einen Trick:
Er beugt sich nach unten und
streckt den Kopf zwischen den Beinen
durch. Denn kopfüber betrachtet
leuchtet die Welt in den intensivsten
Farben!
> mehrEin Fussmarsch zur Kunst
Ferdinand Hodler wächst in armen Verhältnissen auf, seine beiden Eltern sterben früh. Als junger Mann geht er zu Fuss von Thun nach Genf, um dort eine Bilderausstellung von Alexandre Calame zu sehen, über den er viel Lob gehört hat. Er bleibt in Genf und erhält einen Studienplatz an der Kunstakademie bei Barthélemy Menn, den das Talent des jungen Hodlers überzeugt. Im Alter von 21 Jahren schreibt der junge Künstler «Die zehn Gebote des Malers Ferdinand Hodler». Darin hält er fest, wie man beim Malen wissenschaftlich vorgehen muss. Sein erster grosser Erfolg bringt ihm das Verbot eines seiner Bilder, «Die Nacht». Der Stadtpräsident von Genf will das Bild nicht in der Jahresausstellung. Hodler beschliesst, es selbständig auszustellen und verlangt einen Franken Eintritt. 1300 Menschen wollen das Bild sehen. Darauf kann Hodler «Die Nacht» in Paris ausstellen, wo es ihm international zu Anerkennung verhilft. Auch ein anderes Werk von Hodler führt zu Streit: 1896 gewinnt er einen Wettbewerb und darf das Landesmuseum mit Wandbildern von der Schlacht von Marignano ausmalen. Aber dem Direktor des Landesmuseums gefällt es nicht, dass Hodler die Schlacht realistisch darstellen will und er verbietet ihm die Umsetzung.
Sensibler Provokateur
In den 1890er Jahren entdeckt Hodler die Symmetrie als Kompositionsprinzip für Landschaften und Figurenbildern, was er «Parallelismus» nennt. Hodler ist sehr ehrgeizig, empfindlich gegenüber Kritik und abhängig von Lob. Er sucht den Erfolg mit Provokationen, Beziehungen, fanatischer Arbeit und Wiederholung von verkäuflichen Bildern. Mit seinem Schaffen trägt er dazu bei, die Malerei im kulturellen Bewusstsein der Schweiz zu verankern. Mit internationalen Erfolgen und dem Aufstieg zum Begründer eines «nationalen Stils» erlangt er den Status des führenden Künstlers in der Schweiz. Er schafft etwa 2‘500 Gemälde und 10‘000 Zeichnungen.
Am Krankenbett seiner grossen Liebe
Hodler wird zu einem der wichtigsten Schweizer Künstler seiner Zeit. Es kümmert ihn nicht, was die Leute von ihm denken. Er findet, es sei Zeitverschwendung sich mit Frauen abzugeben, obwohl er zweimal verheiratet ist und mehrere Geliebte hat. Doch dann verliebt er sich in Valentine Godé-Darel. Nach kurzer Zeit erkrankt Valentine an Krebs. Hodler ist fast täglich an ihrem Krankenbett und malt sie. Dazwischen malt er immer wieder die Sicht auf den Genfersee. Die letzten Bilder macht er nach ihrem Tod. Drei Monate lang kann er danach nicht mehr malen. Nur wenige Jahre später, 1918, stirbt er an den Folgen einer Lungenentzündung.
Ferdinand Hodler
Mein Selbstbildnis, lächelnd III, 1916
Öl auf Leinwand, 39 x 41 cm